Früh morgens. Noch etwas müde, aber durchaus willig, den täglichen Erstspaziergang mit Diva anzutreten.
Die Stadt wirkt ausgestorben, Erinnerungen an längst vergangene Urlaube tauchen auf, wo ich bereits in den frühen Morgenstunden unterwegs war, um genau so eine erwachende Stadt zu erleben. Die Luft noch angenehm kühl, ein Duft von frischem Brot und Kaffee findet kräuselnd seinen Weg in meine Nase, und voller Vorfreude auf den Tag zeigen sich rote Wangen, und meine Augen funkeln wie tausend Edelsteine.
Trotz Schläfrigkeit – vielleicht gerade deswegen – liebe ich diese Tageszeit, zu der ich mitunter ziemlich früh mit Diva aufbreche. Wenige Menschen kreuzen unseren Weg.
Genau genommen, ist es einfach noch zu früh, die gemütliche Stube zu verlassen – außer, ein felliger Vierbeiner stupst dich an, weil er sein Geschäftchen erledigen muss. (In dem Fall ist das weniger beliebte muss durchaus angebracht).
Hier und da begegnen uns andere Hundebesitzer und je nachdem, ob wir uns besser kennen bzw. ob die Vierbeiner einander riechen können – kommt es zu einem kurzen Austausch. Ansonsten nicken wir einander wissend zu, zuweilen ist es einfach zu kalt und jeder geht eingemummelt seinen Weg, oder wir sind gedanklich so in uns versunken, dass wir nicht einmal mitbekommen, wenn das frühmorgendliche Geschäftchen (endlich) erledigt wurde.
Diese Spaziergänge bieten auch Gelegenheit, einen Temperaturcheck zu machen (was und wie viele Teile ziehe ich heute wieder an), entspannt in den Tag zu starten bzw. um zu meditieren. Ich weiß von meinen YogaschülerInnen, wie schwer es ihnen teilweise fällt, im Sitzen zu meditieren. Da empfiehlt sich eine Gehmeditation – dazu brauchst du keinen Hund, geht auch ohne. (Solltest du doch einen brauchen und in der Nähe vom Karlsplatz wohnen, kannst du dir Diva gerne ausborgen – sofern sie dich riechen kann 😉
Die Gehmeditation setzt sich aus vier wichtigen Bestandteilen zusammen. Diese sind Achtsamkeit, gehen, atmen und lächeln. Werden diese vier Elemente gemeinsam in einem harmonischen Einklang miteinander verbunden, entsteht die Gehmeditation. Dann erst entfaltet sich ihre positive Wirkung auf Körper und Geist. Für die Atmung gibt es keine vorgeschriebene Technik. Du kannst ganz so atmen, wie es für dich stimmig ist (kein Stress!). Wichtig sind jedoch ruhige und gleichmäßige Atemzüge. Diese kannst du beispielsweise mit deinen Schritten verbinden. So kannst du zum Beispiel 3 Schritte einatmen und dann wieder 3 Schritte ausatmen. Oder vielleicht reichen dir schon 2 Schritte aus? Aber auch Kombinationen aus beispielsweise 3 Schritte einatmen und 4 Schritte ausatmen sind möglich.
Es geht nicht um erbrachte Leistungen, sondern darum, den Moment zu spüren. Manchmal wird dir das in wenigen Minuten gelingen, manchmal wirst du deutlich länger brauchen. Gib dir die Zeit, die du persönlich brauchst. Und wenn es einmal nicht gelingt, ist es auch nicht so schlimm. Die Gehmeditation – ist ebenso wenig wie Yoga – kein Wettbewerb!
Ich praktiziere diese Form der Meditation täglich (auch ohne Hund) – wohin immer ich mich von A nach B bewege – eine einfache, jederzeit durchführbare Art der Meditation, die so gut tut, dich dabei unterstützt, deinen Kopf durchzulüften, altes, verstaubtes, nicht mehr gebrauchtes Gedankengut loszulassen.
So spazierte ich gestern in Gedanken versunken dahin, bis ein lieblicher Gesang mich einlud zum Innehalten und Lauschen. Aus einer Telefonzelle kam dieser Laut – so schien es mir jedenfalls – ich blickte hinein, sah aber nichts. Ich blickte nach oben und am rechten Zipfel der Zelle saß eine Amsel und sang ihr Lied. Ich dachte, jetzt, da ich genau vor ihr stehe, zum Greifen nah, wird sie abheben und ein für mich unbekanntes Ziel ansteuern.
Aber so war es nicht, sie blieb. Und trällerte weiter. Ein Ständchen für eine Angebetete? Ein Frühlingsweckruf oder einfach nur ein Morgenlied? Wer weiß, ich jedenfalls war sehr berührt. Diese kleine Amsel sang sich in mein Herz und für einige Momente stand für mich die Welt still (und zum Glück auch Diva). Fast war ich geneigt, meine Hand nach ihr auszustrecken, aber ich unterließ es, wissend, dass der Zauber ein Ende hätte. So stand ich gut geerdet, schloss meine Augen, lächelte, atmete und war glücklich.
Diese kleinen, unerwarteten Momente im Alltag, die uns zum Lächeln, zum Innehalten bringen, und uns für einige Momente den oft hektischen Alltag vergessen lassen.
Das Leben findet JETZT statt. Es passiert nie nichts. Sei achtsam und gehe mit offenen Augen, offenen Herzen und offenen Ohren durch die Welt – und wer weiß, vielleicht, begegnest du (m)einer Amsel, die für dich ein Lied trällert und dich verzaubert. 😊
Alles Liebe & Namaste
Astrid